dej_woîn -  der steirische Wollpodcast

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Der steirische Wollpodcast

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Podcast Episode 35

Hercosett and beyond Teil 2

28.03.2022

Griaß eich zu einer neuen Episode von dej_woîn. Hier ist Sabine von die_handwerkstätte aus meiner Heimat in der grünen Steiermark. Zuallererst möchte ich diesen Podcast als unbezahlten und unbeauftragten Werbepodcast deklarieren, da er Informationen zu Produkten, Betrieben, künstlerisch tätigen und den kunsthandwerklich geschickten Menschen und zu den Museen aus der Steiermark enthält.

Heute möchte ich mich wieder der Ausstattung der Wolle widmen und Achtung – es ist wieder eine sehr chemielastige Folge. Im ersten Teil von Hercosett and beyond hab ich euch ja vom Chlor-Hercosett-Verfahren berichtet – wer sich diese Folge noch nicht angehört hat, dem empfehle ich, diese erste Folge vor dieser anzuhören, damit diese Folge auch ein bisserl klarer wird.

Ich hab euch letztens ja von den AOX erzählt und dass sie unsere Abwässer belasten und nicht natürlich abgebaut werden können. Die Industrie hat sich natürlich andere Methoden gesucht, um den Vorbereitungsschritt weniger umweltschädlich zu machen. Einige möchte ich euch heute vorstellen.

Da wär zum Beispiel das PMS-Verfahren. Dabei steht nun das PMS für Peroxymonoschwefelsäure. Ich möchte euch dieses Wort wieder ein bisserl erklären – in der Chemie gibt es zwar auch Namen, aber meistens sind diese Bezeichnungen eine Beschreibung des Dings. Also hier haben wir Peroxy, monoschwefel und säure. Per ist die chemische Vorsilbe für ganz – per oxy bedeutet also ganz mit Sauerstoff umgeben – oxy ist ja die chemische Silbe für Sauerstoff. Und was wird nun von Sauerstoff umgeben? Der Monoschwefel. Und dranhängend haben wir eine Säuregruppe. Warum ich das hier so genau erkläre – wir haben hier das Problem Sauerstoff-Sauerstoff-Verbindung. Es ist löslich in Wasser – setzt dabei aber Wasserstoffperoxid frei. Wasserstoffperoxid ist wiederum zytotoxisch, das heißt es ist giftig für Zellen. Wasserstoffperoxid wird deshalb aber auch in Verdünnungen in der Zahnmedizin und wegen ihres Bleicheffektes auch beim Friseur für Haarfärbungen verwendet. Die Sauerstoff-Sauerstoff-Bindungen sind sehr fragil und neigen zu Spaltung und setzt dabei reaktive Radikale frei. Reaktiven Radikalen wird eine Rolle bei der Entstehung unter anderem von Krebserkrankungen, bei Arteriosklerose und bei der Alzheimerschen Krankheit zugeschrieben. Peroxymonoschwefelsäure – ich sag ab jetzt PMS ist farblos, kristallin und riecht nach Ozon – also wie nach Schwimmbad oder Kopiergerät.

Ein weiteres Verfahren wird mit Peroxyessigsäure also PES durchgeführt. Diese Säure ist auch farblos, hat aber einen stechenden Geruch. Auch diese Säure kann bei hohen Konzentrationen explodieren. PES wirkt aber auch sehr stark augen- und hautreizend.

Beide Säuren also PMS und PES werden auch zur Desinfektion und als Bleichmittel eingesetzt. Nach dieser Anwendung ist auch die Wolle sehr weiß.

Und dann haben wir noch die Variante, die auf Ozon basiert. Ozon war ja bei den Kühlschränken in aller Munde. Also Ozon besteht nun aus 3 Sauerstoffatomen und ist ein farbloses bis bläuliches Gas mit dem typischen Geruch nach Kopierer. Ozon hat seine guten Seiten, wenn es uns in der Stratosphäre vor der UV-Strahlung schützt, aber so bodennah direkt neben uns ist es giftig und führt zu Atemwegs- und Augenerkrankungen.

Nun, wie schon im ersten Teil gesagt, wirkt das Chlor und DCCA-Verfahren am besten, gefolgt vom PMS und PES.

Ein weiteres Verfahren ist das „total easy care process“ von der Belgischen Firma Eurodye-CTC. Dabei wird entweder das fertige Garn oder sogar das fertige Strickstück zuerst mit einem nicht-ionischem Waschmittel und Waschnatron gewaschen, um die Oberflächenspannung zu minimieren. Anschließend wird das Strickstück mit einem speziellem Salz und einem Reduktionsmittel behandelt. Ein Reduktionsmittel ist dabei ein Stoff, der Elektronen abgibt. Das dient hier allerdings nur der Neutralisation. Dieses Vorbereitungsverfahren wird auch von woolmark für hochqualitative Merino- bzw. Lammwolle empfohlen.

Die Firma Perachem Limited hat ein anderes AOX- freies Vorbereitungsverfahren auf den Markt gebracht. Erfunden wurde dieses Verfahren von Lewis und Hawkes. Dabei wird die äußerste Schicht der Wollcuticula, die 18-MEA genannt wird – das ist eine wasserabweisende Fettschicht – Also diese Fettschicht wird nun entfernt. Dadurch wird nun die Wollfaser wasseranziehend.

Die bis jetzt besprochenen Verfahren sind ja – wie gesagt – Vorbereitungsverfahren. Nach dem jeweiligen Verfahren wird genauso wie beim ursprünglichen Chlor-Hercosett-Verfahren entweder das originale Hercosett-Harz oder ein anderes Polymerharz über die Wollfaser gezogen, was natürlich dann auch AOX produziert.

Das letzte Verfahren für heute ist das Securlana K shrink-resist treatment. Im Gegensatz zu den anderen Verfahren, die ja die äußeren Schindeln der Wolle entfernen bzw. abschleifen, werden bei diesem Verfahren diese Schindeln gleich durch ein Polymerharz überzogen. Das hat nun den Nachteil, dass die Wolle dadurch weniger gut färbbar wird und auch Dampf und Hitze nicht gut aushält.

Also, was nehm ich mir aus dieser Folge mit? Auch die AOX-freien Vorbereitungsverfahren haben ihre umweltschädlichen Komponenten und führen bei den Menschen, die in diesen Betrieben arbeiten müssen, eventuell zu Haut- und Augenreizungen. Das anti-shrik-Verhalten, also um wieviel Prozent die Wolle eingeht, ist wesentlich schlechter als beim herkömmlichen Chlor-Hercosett-Verfahren und man erspart sich nicht das Aufbringen eines Polymers, eventuell sogar die AOX aus dem Hercosett-Harz.

Für mich ist es daher nur eine Verlagerung des Problems – es wird zwar weniger AOX produziert, man kauft sich aber andere Probleme dabei mit ein.

In der nächsten Folge von Hercosett and beyond wird’s dann um die enzymatischen Verfahren gehen – was sind genau Enzyme und welche Vor- und Nachteile diese Verfahren haben.

Heute gibt’s aber wieder ein paar Vorankündigung.

Was tut sich so bei mir? Die Webseite für die Schule des alten Handwerks ist gerade im Aufbau – die ersten Kurse sind schon eingetragen, die Buchungen können bald online getätigt werden. Wer sich jetzt schon gern für einen Kurs anmelden möchte, bitte schreibt mir doch dafür einfach ein Email. Und wo findet ihr nun die Webseite? Die findet ihr unter www.schule-des-handwerks.at

Der erste Kurs findet in St. Lambrecht statt. Christiane von Bertas Flax und Faser und Farbe wird einen Kurs über das Verspinnen von Flachs vom 30. Juni bis zum 2. Juli 2023 im Stift St. Lambrecht abhalten. Anmeldungen werden ab sofort entgegengenommen.

Weiters ist die Planung für den Kongress auch schon weitergegangen – da ich nun doch viel mehr Kursleiterinnen gewinnen konnte und der Raum in der Volksschule St. Blase ein wenig eng geworden ist, findet der Kongress nun im Stift St. Lambrecht statt. Auch dazu findet ihr alle Informationen auf der Seite der Schule des alten Handwerks.

Dazu muss ich jetzt einen großen Dank an Gabriele vom Textilportal aussprechen – sie hilft mir, die Webseite DSVGO-konform und rechtlich sauber zu gestalten. Gabriele hat neben ihrem Herzensprojekt, dem Textilportal, ja auch noch eine Webconsulting Firma und nennt sich dort „die IT-Übersetzerin“. Sollte jemand von euch Hilfe brauchen, bei ihr seid ihr an der richtigen Adresse dafür. Den link findet ihr natürlich in den shownotes.

Und was tut sich in der Steiermark so?

Am 31. März eröffnet das Freilichtmuseum Stübing wieder seine Tore. Begonnen wird gleich mit einer Reihe von Events – so kann man am 31. seinen Palmbuschen binden lernen, am 1.4. findet der Kurs „Kreative Blumendekoration aus der Natur“ statt und am 2.4. ist wieder Osterlamm und Antlassei -Handwerk und Brauchtum rund um Ostern.

Auch das hamuG – das hallstattliche Museum Grossklein öffnet wieder seine Tore. Am Ostersonntag, dem 9.April gibt’s eine Ostereiersuchen bei freiem Eintritt statt – auch für das leibliche Wohl ist gesorgt.

Außerdem laden viele Ostermärkte zum Verweilen ein. So gibt’s zum Beispiel einen Ostermarkt in am 1.4 in Weiz mit Kunsthandwerkern und am 31.3. findet auch ein Ostermarkt in Hart bei Graz statt.

Vielleicht sehen wir uns ja auf einen dieser Märkte!

Noch eine kleine Bitte zum Schluss: bitte gebt meinem Podcast eine Bewertung, über ein Sternderl freu ich mich – über mehrere noch mehr. Warum bitte ich euch aber immer wieder darum? Es geht dabei um Suchalgorithmen – auch wenn jmd dej woin eingibt, gibt das System meinen Podcast nicht frei. Je mehr Leute aber diesen Podcast bewerten, umso schneller kann er auch gefunden werden. Jedenfalls ein herzliches Dankeschön fürs Bewerten.

Noch eine kleine Bitte zum Schluss: Und zum Schluss möchte ich mich wieder bei Wolfgang Hoffelner bedanken, der mir die Erlaubnis gegeben hat, seine Musik für diese Folge zu verwenden. Wenn euch seine Musik gefällt, so sucht ihn doch auf Spotify und bewertet seine Musik mit vielen Sternderln. Der Link zu seiner Homepage findet ihr natürlich in den shownotes. Übringens Wolfgang fertigt auch wunderbare Klangskulpturen für den Garten an – ein Blick auf seine homepage lohnt sehr.

Noch eine kleine Bitte zum Schluss: Alle links, jene von den Veranstaltungen als auch die links der Informationen aus dieser Episode findet ihr natürlich in den shownotes.

Übrigens: alle meine Episoden sind in schriftlicher Form auch unter Transkripte zu finden. Wer diese Transkripte nicht finden kann, der kann sie auch auf meiner homepage www.diehandwerkstaette.at unter dem Bereich blog finden. Dieser Link wieder ist in den shownotes.

Übrigens: Wenn euch diese Episode gefallen hat, so bitte bewertet diesen Podcast. Diese Bewertungen helfen dabei, dass der Podcast gefunden wird und natürlich freue ich mich auch darüber, wenn er euch gefällt.

Übrigens: Wie immer – dieser Podcast dient eurer Unterhaltung, stellt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit – die angegebenen Fakten werden aber von mir zum Selbststudium und zur Überprüfung mittels link in der descriptionbox hinterlegt.

Übrigens: So wünsch ich euch einen schönen wolligen Tag und auf ein Wiederhören bei der nächsten Folge von dej_woîn oder die Steiermark spinnt.

Links:

Über einen Kaffee würde ich mich sehr freuen:

https: //www.buymeacoffee.com/sabinekainC

https: //diehandwerkstaette.at/category/blog/

https: //de.wikipedia.org/wiki/Reaktive_Sauerstoffspezies

https: //de.wikipedia.org/wiki/Peroxomonoschwefels%C3%A4ure

https: //de.wikipedia.org/wiki/Peroxyessigs%C3%A4ure

https: //de.wikipedia.org/wiki/Ozon

https: //www.sciencedirect.com/science/article/pii/S209012321930013X

https: //www.woolmark.com/industry/use-wool/processing-innovations/total-easy-wool-care/

https: //pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/9519472/

https: //gabrielebrandhuber.at/impressum/

https: //www.museum-joanneum.at/freilichtmuseum/kalender?cal_where=56&cal_what=0&cal_for=0&cal_date_type=onedate&cal_date_from=31.03.2023&cal_date_to=31.03.2023

https: //hamug.at/

http: //www.wolfganghoffelner.at/

Über diesen Podcast

Dieser Podcast handelt von der schönen Steiermark, ihren Schafen, deren Wolle und über die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Wolle. Weiters gibt es einen Einblick in die steirische Welt der Produzenten, der Künstler und Kunsthandwerker.
Achtung: beinhaltet somit unbezahlte und nicht beauftragte Werbung

von und mit Sabine von diehandwerkstaette.at

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