dej_woîn -  der steirische Wollpodcast

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Der steirische Wollpodcast

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Podcast Episode 20

Anatomie der Wolle 3. und letzter Teil

02.11.2022

Griaß eich zu einer neuen Episode von dej_woîn. Hier ist Sabine von die_handwerkstätte aus meiner Heimat in der grünen Steiermark. Zuallererst möchte ich diesen Podcast als unbezahlten und unbeauftragten Werbepodcast deklarieren, da er Informationen zu Produkten, Betrieben, künstlerisch tätigen und den kunsthandwerklich geschickten Menschen und zu den Museen aus der Steiermark enthält.

Heute möchte ich mich sehr herzlich bei Katrin von Faserexperimente, bei Steffi von Feierabendefrickeleien, bei Janine von „jetzt kocht sie noch“ und natürlich bei Gabi vom Textilportal für die lieben Empfehlungen bedanken. Katrin hat eine tolle Instagram- und Facebook-Seite und natürlich auch eine homepage, in der sie Experimente zum Thema Wolle und Färben sehr wissenschaftlich angeht und dokumentiert. Ich freu mich jedesmal, wenn sie wieder eines ihrer Experimente veröffentlicht. Den link zur homepage ist natürlich in den shownotes.

Steffi und Janine haben einen wunderbaren Podcast, er heißt „Frickelcast“ – das aus den Wörtern „frickeln“, was so viel wie „sich handwerklich betätigen oder Kleinigkeiten ausbessern“ bedeutet und Podcast zusammensetzt. In diesem Podcast tratschen die beiden übers Stricken und Stickanleitungen, geben Bücherempfehlungen. Schön, dass ihr mich gefunden habt – so hab ich euch auch finden können. Ach ja, „dej_woîn“ bedeutet soviel wie „deine Wolle“ – und stellt den Versuch den steierischen Dialekt aus meiner Heimat in Schrift zu fassen dar und wird „dej woîn“ ausgebrochen.

Gabi vom Textilportal kennt ihr ja schon – sie hat auch einen sehr schönen Podcast über Textilien. Den kann ich euch auch sehr ans Herz legen. Der link ist natürlich in den shownotes.

Heute begeben wir uns wieder in die Anatomie der Wolle. In der letzten Anatomiefolge hab ich euch ja vom „brick and mortar and tile“ – Modell erzählt. Dabei sind die tile – also die Fliesen – die cuticulazellen außen. Bricks – also die Ziegeln – sind in diesem Fall die Corticalen-Zellen und Mortar – der Mörtel – der cell-membrane-complex. Zur Verdeutlichung: jede einzelne Corticalen-Zelle ist von einem cell-membrane-complex umgeben und liegen dicht an dicht nebeneinander und sind als gesamtes von den Fliesen, den Cuticulazellen, umgeben. Im Grunde schaut es aus, als hätte man ein dickes Stromkabel – viele Drähte mit einer Isolierung drumherum – die dann die einzelnen kleinen Stromkabel bilden und in Summe dann das stärkere Kabel. Der cell-membrane-complex ist vor allem für die Färberinnen unter euch wichtig, denn genau dort lagern sich die Farbstoffe an.

Heute begeben wir uns wieder in die Anatomie der Wolle. In der letzten Anatomiefolge hab ich euch ja vom „brick and mortar and tile“ – Modell erzählt. Dabei sind die tile – also die Fliesen – die cuticulazellen außen. Bricks – also die Ziegeln – sind in diesem Fall die Corticalen-Zellen und Mortar – der Mörtel – der cell-membrane-complex. Zur Verdeutlichung: Aber was ist nun in diesen Corticalen Zellen drinnen? Wie sind diese aufgebaut? Da ist es wahrscheinlich besser, dass wir nicht von außen nach innen, sondern von ganz innen nach außen im Gedanken gehen. Der Kern der Corticalen Zelle ist nämlich das Keratin – oder besser gesagt die Keratine.

Aber was genau ist nun Keratin? Alle organischen Stoffe lassen sich in 3 Klassen einteilen: in Fette, in Kohlenhydrate (im Allgemeinen nennen wir diese Zucker) und in Eiweiße. In der Fachwelt werden Eiweiße Proteine genannt, damit sie nicht mit dem Eiweiß aus dem Ei verwechselt werden. Und was ist nun grundsätzlich ein Protein? Stellen wir uns einen Zug vor – unterschiedlich große Wagons werden hintereinander angehängt, bis ein langer Zug entsteht. So kann man sich auch ein Protein vorstellen – es ist eine Aneinanderreihung von Aminosäuren. Aminosäuren sind die Bausteine des Lebens sozusagen – sie bestehen aus Kohlenstoffatomen mit einer Säuregruppe und einer Aminogruppe. Und diese zwei Gruppen sind wichtig, denn sie können miteinander, wie Wagons am Gleis, koppeln. Amino bedeutet, dass Stickstoffatome vorhanden sind und die Säuregruppe wird aus einem Kohlenstoff-, Sauerstoff- und einem Wasserstoff-Atomen gebildet. Das wäre so der Grundaufbau einer Aminosäure – aber es gibt ja viele Aminosäuren und manche davon sind für uns Menschen lebenswichtig. Sie unterscheiden sich nun durch eine weitere angehängte Gruppe – man nennt diese Gruppe dann funktionelle Gruppe, da diese für das spezielle Charakteristikum der Aminosäure verantwortlich ist.

Aber was genau ist nun Keratin? Alle organischen Stoffe lassen sich in 3 Klassen einteilen: Also gut, wir haben nun unsere unterschiedlich langen Wagons, die sich alle voneinander unterscheiden – sie hängen zusammen und bilden unseren Zug – unser Protein – in unserem Fall sind das Keratine.

Aber was genau ist nun Keratin? Alle organischen Stoffe lassen sich in 3 Klassen einteilen: Untersuchungen haben ergeben, dass in den Epithelzellen des Menschen, also in den Deckzellen und Drüsenzellen des Menschen, ca 20 verschiedene Keratine und im Haar und in den Nägeln weitere 10 unterschiedliche Keratine gefunden wurden. In der DNA-Analyse des Menschen konnten Hinweise auf 50 verschieden Keratine gefunden werden. Also ihr seht, Keratin ist viel mehr eine Gruppe von Proteinen – es gibt also nicht „das Keratin“.

Eine einzelne Epithelzelle kann zur gleichen Zeit viele Keratine bilden und sie zu einem einzigen Netz zusammenhängen, das sogar nach dem Tod der Zelle nicht zerfällt. Wozu braucht aber die Zelle nun das Keratin? Die Aufgaben sind vor allem mechanischer Natur: es verleiht Festigkeit und je nach äußerer Struktur auch Biegsamkeit und eine Art Federwirkung. Ja und da beginnt auch der Unterschied der Keratine – die äußere Struktur. Die unterschiedlichen Anhängsel der Aminosäuren sind verschieden groß und verschieden ausgerichtet. Man kann also nicht wirklich eine gerade Schnur, einen geraden Zug bilden, da sie die Anhängsel im Weg stehen. Und so kommt es je nach Keratin zu einer anderen äußeren Struktur. In unserem Fall – also im Innersten der Corticalen Zelle befindet sich das α-Keratin. Das bedeutet, dass diese äußere Struktur sich um sich selbst windet – und zwar rechtsgängig – das bedeutet dieses α vor dem Keratin. Und zwei davon winden sich linksherum zu einer Superhelix. Also wir wollspinnenden Menschen wissen jetzt genau, wovon ich spreche – es ist nicht anders, als wenn wir einen Faden rechtsherum spinnen und zwei Fäden dann linksherum verzwirnen. In der Chemie nennt man diese Art auch superspiralisierte α-Helix. Also wir könnten unser 2fach versponnenes Gar auch als superspiralisierte α-Helix bezeichnen, wenn wir die Singles nach rechts drehen und die Verzwirnung nach links erfolgt. Und die Wissenschaftler haben noch ein cooles Wort für so eine Zwirntechnik – sie nennen diese Proteine auch coiled-coil Proteine – wobei coiled im Englischen gerollt und coil Spule bedeutet. In diesen coiled-coil Proteinen können nun 2 oder mehr Proteine miteinander verwunden sein und das bezieht sich nicht ausschließlich auf unsere Keratine sondern nur auf die Struktur.

Eine einzelne Epithelzelle kann zur gleichen Zeit viele Keratine bilden und sie zu einem einzigen Netz zusammenhängen, das sogar nach dem Tod der Zelle nicht zerfällt. Wozu braucht aber die Zelle nun das Keratin? Die Aufgaben sind vor allem mechanischer Natur: Also in unserer Coricalen Zelle ist nun superspiralisiertes α-Helix-Keratin. Ich kann euch an dieser Stelle noch einmal das woolmark-trainingscenter empfehlen. Unter der Rubrik „wool fibre structure“ findet ihr ein kleines Video dazu. Den link findet ihr natürlich in den shownotes. Auch den link zu wikipedia mit einem wunderbaren Anatomiefoto hab ich euch in den shownotes verlinkt.

Eine einzelne Epithelzelle kann zur gleichen Zeit viele Keratine bilden und sie zu einem einzigen Netz zusammenhängen, das sogar nach dem Tod der Zelle nicht zerfällt. Wozu braucht aber die Zelle nun das Keratin? Die Aufgaben sind vor allem mechanischer Natur: Diese superspiralisierten α-Helices sind auch miteinander durch verschiedene Kräfte verbunden – das ist besonders für die physikalischen Eigenschaften der Wolle wichtig. So ist aufgrund dieser Verbindungen in den kleinsten Strukturen der Wolle möglich, die Faser auf das Doppelte ihrer Länge zu strecken und aufgrund anderer Verbindungen kann die Faser nach dieser Streckung wieder auf ihre Ursprungslänge zurückfinden. Im Grunde sind diese Helices wie eine Feder, die – wenn sie nicht überstreckt wird – wieder in die Ausgangslage zurückkehrt.

Eine einzelne Epithelzelle kann zur gleichen Zeit viele Keratine bilden und sie zu einem einzigen Netz zusammenhängen, das sogar nach dem Tod der Zelle nicht zerfällt. Wozu braucht aber die Zelle nun das Keratin? Die Aufgaben sind vor allem mechanischer Natur: 4 dieser superspiralisierten α-Helices - wir nennen das tetramer vom griechischen tetra für vier – bilden zusammen ein intermediates Filament oder Protfibrille und mehrer dieser Protfibrillen fügen sich zu einer Microfibrille zusammen und wieder mehrere dieser Microfibrillen wiederum bilden eine Macrofibrille. Und viele dieser Macrofibrillen befinden sich nun in den Corticalen Zellen, die dann eben vom cell-membrane-complex umgeben ist und alle Corticalen Zellen mit ihren cell-membrane-complexen sind von der Epicuticle und den Cuticalen Zellen, den Schindeln umgeben.

Eine einzelne Epithelzelle kann zur gleichen Zeit viele Keratine bilden und sie zu einem einzigen Netz zusammenhängen, das sogar nach dem Tod der Zelle nicht zerfällt. Wozu braucht aber die Zelle nun das Keratin? Die Aufgaben sind vor allem mechanischer Natur: Was für ein Aufwand der Natur – jedes Mal, wenn ich mir eine Wollfaser anschau, die man ja ohnehin nur mit einem Mikroskop wirklich betrachten kann und ich mir vorstelle, wieviele Schichten da drinnen sind, wieviele hundert Fibrillen und tausende α-Helices, dann bin ich immer ganz sprachlos. Das wunderbare Video von woolmark – ihr könnt es auch im youtube finden – zeigt euch sehr anschaulich den eleganten Aufbau, das wunderbare an der Natur – da kann die Chemie mit ihren chemischen Fasern einfach nicht mithalten.

Eine einzelne Epithelzelle kann zur gleichen Zeit viele Keratine bilden und sie zu einem einzigen Netz zusammenhängen, das sogar nach dem Tod der Zelle nicht zerfällt. Wozu braucht aber die Zelle nun das Keratin? Die Aufgaben sind vor allem mechanischer Natur: Und wozu haben wir nun so genau den Aufbau besprochen? Ich will euch natürlich in meine Nerd-welt verzaan – und euch dieses Wunder zeigen, meine Faszination daran, euch ein bisserl verständlich machen. Aber ich finde es ist auch wichtig zu wissen, was man da genau in den Händen hält, welche Kräfte wirken und wie man „mit der Natur“ und nicht gegen sie arbeitet. Dass man nicht nur die weiche Wolle schätzen soll, sondern auch die etwas grobere – jede Wolle kann für uns wichtig sein, einen Nutzen bringen, man muss sie nur verstehen.

Und nun zu meiner Prepperecke:

Und nun zu meiner Prepperecke: Die Preise steigen, der Strom wird teuer, Wasser wird knapper und so kann ich euch nur empfehlen, Naturwollkleidung zu tragen. Ein Wollpullover braucht nicht alle paar Tage gewaschen zu werden – es reicht ihn auslüften zu lassen. Die Schuppenschicht – die Cuticula – verhindert das Anlagern von Schmutzpartikeln. Zudem ist die äußere Schicht auch wasserabweisend – so können auch Salze und Durftmoleküle sich auch nicht in die Faser einlagern. Das Wollwachs auf der Faser reagiert auch mit dem Schweiß bzw Urin und verseift – es reinigt sich sozusagen selbst. Deshalb ist ein regelmäßiges Lanolinbad für deine Wollkleidung auch wichtig. Wenn wir diesen Winter im Büro den Wollpullover tragen, so spart das nicht nur Geld, sondern auch Wasser, Strom, Zeit und ist außerdem noch gemütlich.

Natürlich hab ich auch wieder ein paar Veranstaltungstipps für euch:

Mein Herzensmuseum – das Freilichtmuseum Stübing öffnet erstmals im November seine Tore:

So gibt es am 5. und 6. November von 10: 00 bis 16:00 Bratäpfeln und Maron und herzwärmende Suppen im Gasthaus „Zum Göller“

Wenn man sich dann so richtig aufgewärmt hat, gibt es auch was Warmes für die Seele. Denn anschließend findet am 5. November 2022 „Bücher & Geschichten, hören, lesen, staunen“ von 11: 00 bis 14:00 statt. Dabei wird aus dem Kinderbuch "Hallo, altes Haus" vorgelesen. Ab 13:00-16:00 kann man dann in Opas Werkstatt beim Krippe bauen zuschauen und mitmachen.

Und am 06.11.2022 gibt es zwischen 11: 00-13:30 eine Führung durchs Museum „Auf den Spuren der bäuerlichen Weihnachtszeit“.

Und am 06.11.2022 gibt es zwischen 11: Wer nun aber von der letzten Folge noch Lust aufs Flachsspinnen bekommen hat, Christiane von Bertas Flax gibt wieder einen ihrer begehrten online-Flachsspinnenkurse vom 25. – bis zum 27. November – link ist in den shownotes.

Und am 06.11.2022 gibt es zwischen 11: Außerdem möchte ich euch auf das Bildungshaus St. Martin aufmerksam machen. Es gibt dort allerhand an Kursen – so auch ein Klöppelkurs. Leider bin ich schon zu spät für den Novembertermin, aber ein nächster folgt im Jänner. Der link zum Bildungshaus St. Martin in Graz findet ihr auch in den shownotes.

Und der "Steirischer Spitzentag - 25-jähriges Jubiläum des Köppel-Vereines" findet am Sonntag, dem Sonntag, 13. November 2022, von 10: 00 bis 17:00 Uhr, in Graz, im Pfarrzentrum der Kirche Don Bosco, statt. Das werd ich mir sicher anschauen.

Übrigens: alle meine Episoden sind in schriftlicher Form auch unter Transkripte zu finden. Wer diese Transkripte nicht finden kann, der kann sie auch auf meiner homepage www.diehandwerkstaette.at unter dem Bereich blog finden. Dieser Link wieder ist in den shownotes.

Übrigens: Wenn euch diese Episode gefallen hat, so bitte bewertet diesen Podcast. Das könnt ihr tun, indem ihr bei Spotify auf die Sternchen unter meinem Podcast drückt. Diese Bewertungen helfen dabei, dass der Podcast gefunden wird und natürlich freue ich mich auch darüber, wenn er euch gefällt.

Übrigens: Wie immer – dieser Podcast dient eurer Unterhaltung, stellt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit – die angegebenen Fakten werden aber von mir zum Selbststudium und zur Überprüfung mittels link in der descriptionbox hinterlegt.

Übrigens: So wünsch ich euch einen schönen wolligen Tag und auf ein Wiederhören bei der nächsten Folge von dej_woîn oder die Steiermark spinnt.

Links:

Über einen Kaffee würde ich mich sehr freuen:

https: //www.buymeacoffee.com/sabinekainC

https: //diehandwerkstaette.at/category/blog/

https: //faserexperimente.de

https: //open.spotify.com/show/3HbyTSkSQqhflNgXXHd6sD?si=ae8d96964e244f2b

https: //open.spotify.com/show/0wuBoWhQzpMfGqKazTaOF6?si=f6ebdc3ea44c4499

https: //www.woolmarklearningcentre.com

https: //de.wikipedia.org/wiki/Haar

https: //www.digitalefolien.de/biologie/mensch/sinne/haar.html

https: //thenappybusiness.com/2021/04/01/elbstreinigungskraefte-von-wolle/

https: //www.museum-joanneum.at/freilichtmuseum/ihr-besuch/programm

https: //www.facebook.com/events/s/flax-spinning-online-workshop-/912940426333517/

https: //www.faserundfarbe.at/book-online?category=a2f196f1-186f-4b37-a615-d8020268b114

https: //www.verwaltung.steiermark.at/cms/beitrag/12884548/126418251/_1

https: //www.kloeppel-verein.at/

Literatur:

Literatur: „Molekularbiologie der Zelle“, Alberts et al., Wiley-VCH Verlag, 5. Auflage, S. 1114 fff

Literatur: „Biochemie“, Stryer et al, Springer Verlag, 7. Auflage, S. 43 fff

Über diesen Podcast

Dieser Podcast handelt von der schönen Steiermark, ihren Schafen, deren Wolle und über die chemischen und physikalischen Eigenschaften der Wolle. Weiters gibt es einen Einblick in die steirische Welt der Produzenten, der Künstler und Kunsthandwerker.
Achtung: beinhaltet somit unbezahlte und nicht beauftragte Werbung

von und mit Sabine von diehandwerkstaette.at

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